Physik des Klimawandels

  • Nächster Termin: 14. bis 15. Juni 2024
  • Kursleitung: Dr. Ralph Schumacher, Andreas Küttel
  • Autor: Dr. Brigitte Hänger
  • Schulstufe: ab 11. Schuljahr
  • Umfang: 9 Lektionen

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Die globale Erwärmung und ihre Folgen stellen ein Kernproblem unserer Gegenwart und der sich abzeichnenden Zukunft dar. Als epochaltypisches Schlüsselproblem ist deshalb der Klimawandel für den gymnasialen Unterricht ein Thema von hohem Bildungswert. Die vorgestellte Unterrichtseinheit bietet einen stufengerechten Zugang zu diesem komplexen und sehr kontrovers diskutierten Thema. Sie wurde an der ETH vom MINT-​Lernzentrum in Zusammenarbeit mit dem Departement für Umweltsystemwissenschaften entwickelt und bietet wissenschaftlich fundierte und nach den neuesten Erkenntnissen der Lehr-​Lernforschung entwickelte Unterrichtsmaterialien.

Das folgende Unterrichtsbeispiel hat zum Ziel, den Lernenden leicht verwechselbare Konzepte zum Treibhauseffekt bewusst zu machen, damit sie ihre eigenen Präkonzepte anpassen können. Hierfür wird die Methode des holistischen Vergleichs von Modellen eingesetzt, welche sich beim Verständnis komplexer Modelle bewährt hat (Gadgil et al., 2012).

Bei dieser Methode wird den Schülerinnen und Schülern im Anschluss an das Gelernte das korrekte Expertenmodell in Kombination mit einem fehlerhaften Laienmodell präsentiert. Die Schülerinnen und Schüler erhalten die Aufgabe, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Modellen herauszuarbeiten.

 

Laienmodell

Laienmodell

Die Sonnenstrahlung passiert unsere Atmosphäre, hingegen wird die IR-Strahlung teilweise von der Atmosphäre zur Erde zurückreflektiert und heizt sie auf.

Die Erde strahlt demnach weniger ab, als von der Sonne eingestrahlt wird. Dieses Ungleichgewicht führt zu einem Temperaturanstieg.

Expertenmodell

Die der Sonne zugewendete Seite der Erde wird mit kurzwelliger Sonnenstrahlung mit einer Intensität von 340,4 W/m2 bestrahlt. Etwas weniger als ein Drittel dieser Strahlung (99,9 W/m2) wird entweder von der Atmosphäre oder von der Erdoberfläche zurück in den Weltraum reflektiert. 77,1 W/m2 werden durch die Atmosphäre absorbiert. Die verbleibende Sonnenstrahlung mit einer Strahlungsintensität von 163,3 W/m2 wird von der Erdoberfläche absorbiert, die sich dadurch erwärmt. Die Erde strahlt ihrerseits entsprechend ihrer Oberflächentemperatur langwellige Strahlung im infraroten Bereich ab. Würde diese gesamte Energie direkt ins Weltall abgestrahlt werden, dann würde die mittlere Temperatur auf der Erdoberfläche nur etwa – 18 °C betragen.

Einige Bestandteile der Atmosphäre, vor allem Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid, absorbieren aber einen Teil der von der Erdoberfläche ausgesendeten infraroten Strahlung und strahlen diese wieder in alle Richtungen ab, also auch zurück zur Erde. Dadurch wird die Erdoberfläche zusätzlich erwärmt. Dieses Phänomen bezeichnet man als den natürlichen Treibhauseffekt. Er bewirkt, dass die mittlere Temperatur auf der Erdoberfläche nicht – 18 °C, sondern etwa + 15 °C beträgt. Dieser natürliche Treibhauseffekt ist eine wichtige Voraussetzung für das Leben auf der Erde.

Gelangen durch menschliche Aktivitäten zusätzliche klimawirksame Gase in die Atmosphäre, so wird mehr von der Erde ausgesendeten infraroten Strahlung in der Atmosphäre absorbiert und auch zur Erde zurückgestrahlt. Dies führt zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Temperatur auf der Erdoberfläche. Dieses Phänomen wird als anthropogener Treibhauseffekt bezeichnet.

Die obige Grafik stellt die gegenwärtige Situation dar, in der sich die Strahlungsbilanz der Erde nicht im Gleichgewicht befindet. Um zu verstehen, warum diese Strahlungsbilanz nicht ausgeglichen ist, muss man sich vor allem drei Zahlen ansehen:

  • die Intensität der einfallenden Sonnenstrahlung in der oberen Atmosphäre: 340,4 W/m2
  • die Intensität der durch die Atmosphäre, Wolken und der Erdoberfläche reflektierten Sonnenstrahlung: 77,0 + 22,9 = 99,9 W/m2
  • die Intensität der Abstrahlung der Erde ins Weltall: 239,9 W/m2

Die Differenz zwischen ein- und ausgehender Strahlung ergibt sich auf folgende Weise:

  • eingehende Strahlung: 340,4 W/m2
  • ausgehende Strahlung: 99,9 W/m2 + 239,9 W / m2 = 339,8 W/m2

Die Differenz beträgt also 0,6 W/m2. Damit strahlt die Erde pro Quadratmeter Oberfläche 0,6 W weniger Energie ins Weltall ab, als sie von der Sonne erhält. Dies erklärt, warum die Temperaturen auf der Erde gegenwärtig steigen. Diese Situation beschreibt den anthropogenen Treibhauseffekt, bei dem die Strahlungsbilanz nicht ausgeglichen ist. Beim natürlichen Treibhauseffekt hingegen befinden sich ein- und ausgehende Strahlungen im Gleichgewicht und die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche bleibt konstant.

 

Aufgabe 1

Licht kann reflektiert, transmittiert, absorbiert oder emittiert werden. Geben Sie für jeden der vier Prozesse ein Beispiel aus dem Expertenmodell an.

Welche der vier Prozesse kommen im Laienmodell nicht vor?

Aufgabe 2
Beide Modelle erklären, weshalb ein Planet mit einer Atmosphäre eine höhere Temperatur hat als ein Planet ohne Atmosphäre. Was haben diese Erklärungen gemeinsam?

Aufgabe 3
Worin unterscheiden sich die Erklärungen für die warmen Erdtemperaturen?

Aufgabe 4
Fassen Sie zusammen, welche Aspekte beim Laienmodell falsch und welche unvollständig sind.

Literatur

Gadgil, S., Nokes-Malach, T. J., & Chi, M. T. H. (2012). Effectiveness of holistic mental model confrontation in driving conceptual change. Learning and Instruction, 22, 47-61.

 

Lernziele

Die Schülerinnen und Schüler

  • können die Mechanismen des Wärmetransportes (Wärmeleitung, Wärmeströmung, Wärmestrahlung) qualitativ und quantitativ beschreiben (Wärmeleitungsgesetz von Fourier, Strahlungsgesetz von Stefan-Boltzmann).
  • können anhand eines einfachen Modells mit Hilfe des Stefan-Boltzmann-Gesetz die mittlere Temperatur der Erde berechnen und verstehen, wie Albedo und Treibhauseffekt die mittlere Temperatur der Erde beeinflussen.
  • lernen, wie das Klima vergangener Zeiten rekonstruiert werden kann und verstehen die Mechanismen hinter den natürlichen Klimaschwankungen der letzten 2 Millionen Jahre.
  • lernen im Zusammenhang mit dem anthropogenen Treibhauseffekt den Begriff der Klimasensitivität kennen, verstehen, wie verschiedene Rückkopplungsmechanismen beim Klimageschehen zustande kommen und entwickeln ein Verständnis für die Komplexität von Klimasimulationen.
  1. Wärmeleitung
  2. Wärmeströmung
  3. Wärmestrahlung
  4. Licht, Temperatur und Farbe – das Wiensche
    Verschiebungsgesetz
  5. Strahlungsleistung eines Schwarzen Körpers –
    das Stefan-Boltzmann-Gesetz
  6. Treibhauseffekt
  7. Treibhausgase und anthropogener Treibhauseffekt
  8. Klimasensitivität
  9. Klima vergangener Zeiten
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